Wenngleich die „Geburtsstunde“ der Wiener Operette schon früher anzusetzen ist, so waren es doch zwei Personen, die wesentlich zur Entwicklung und Popularisierung dieser Gattung beitrugen, Johann Strauss (Sohn) und der Theaterkapellmeister, Komponist und Librettist Richard Genée. Dieser erfahrene Theaterpraktiker – 1823 in Danzig geboren, nach Engagements an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen schließlich im Herbst 1868 an das Theater an der Wien verpflichtet – war es insbesondere, der die Wiener Operettenkomposition in den 1870er- und 1880er-Jahren als Librettist, Komponist und komponierender Ghostwriter maßgeblich beeinflusste.
Schon zu Lebzeiten von Suppè, Millöcker und Strauss – als den bedeutendsten unter allen Komponisten, die Libretti von Genée vertonten – wurde die Gratwanderung der Operette zwischen gesteuerter Massenproduktion und hohem Kunstanspruch mehr oder weniger emotionsgeladen diskutiert. Wenn sich heute die Musikwissenschaft dem Genre Operette zuwendet, bedeutet dies nicht, dass damit ästhetische Unterschiede zwischen teilweise durchaus trivialem Musiktheater und „hochwertigen“ Produkten verwischt werden sollen. Vielmehr handelt es sich um die soziologische Ortung eines Phänomens, das den Geschmack, die Vorlieben, die Sehnsüchte und schließlich die Mentalitäten großer Publikumskreise widerspiegelt. Tatsache war und ist, dass die Operette ihr „seriöses“ Pendant, die Oper, an Popularität übertrifft. Allein die Publikumsstatistik beweist es.
Ziel des Symposions, des Werkstattkonzerts und des abschließenden Roundtable-Gesprächs mit Theaterdirektoren, Dirigenten, Regisseuren und Musikwissenschaftlern ist es, die von 1870 bis 1883 in inniger Zusammenarbeit zwischen Strauss und Genée entstandenen Operetten – gewissermaßen als Pars pro Toto – einer Analyse hinsichtlich der Diskrepanz einerseits zwischen Erfolg und Misserfolg, andererseits zwischen vergänglicher Zeiterscheinung und gefragter Zeitlosigkeit zu unterziehen. Ausgehend von verschiedenen Aspekten des seinerzeitigen Entstehungsprozesses – französische Textvorlagen, auf das Kabarett vorausweisende Dialoge, Zwitterstellung der Musik zwischen Gesellschaftstanz und großer Oper, Komposition im Teamwork, lokale politische und gesellschaftliche Aktualität und die darauf zielende Kritik, staatliche Zensur und deren Umgehung, geschäftliche Interessen, Unterhaltung des Publikums – soll der Frage nach dem Sinn und den Möglichkeiten der Rezeption von Operette in heutiger Zeit nachgegangen werden.
Norbert Rubey
2009 werden erstmals in den „Tanz-Signalen“ die Bühnenwerke von Johann Strauss (Sohn) Thema einer Führung in der Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus, als „Auftakt“ am Donnerstag, 19. März 2009, 15.00 Uhr; Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus, Wien 1, Bartensteingasse 9 / 1. Stock; des wissenschaftlichen Symposions mit Werkstattkonzert samt Roundtable-Gespräch am Freitag, dem 20. März 2009 und am Samstag dem 21. März 2009 im Großen Hörsaal des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien Universitätscampus AAKH / Hof IX Eingang: Wien 9, Garnisongasse 13
und der Matinee „Die Folgen der Strauss-Operette“, am Sonntag, dem 22. März 2009, 11.00 Uhr im Theater in der Josefstadt, Sträußelsäle Wien 8, Josefstädter Straße 24, sein.
Die „Tanz-Signale 2009“ sind auch in eine Lehrveranstaltung im Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien integriert!
Für Wissenschaftler und interessiertes Publikum gleichermaßen konnten sich die vom Wiener Institut für Strauss-Forschung 2004 gegründeten, um den Geburtstag von Johann Strauss (Vater) stattfindenden „Tanz-Signale“ als Fixpunkt im jährlichen Veranstaltungsplan etablieren. 2009 werden die „Tanz-Signale“ bereits zum sechsten Mal in Folge durchgeführt, diesmal in Kooperation mit der Musiksammlung der Wienbibliothek im Rathaus, dem Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien und dem Theater in der Josefstadt.
Als Sonderprogramm findet am Samstag, dem 21. März 2009 (Hochfest des hl. Benedikt) um 18 Uhr 40 in der Basilika „Unsere Liebe Frau zu den Schotten“ (Schottenkirche) Freyung 6, 1010 Wien ein
Gedenkgottesdienst für Eduard Strauss II. (24. 3. 1910 – 6. 4. 1969)
zu seinem 40. Todestag statt.
Die Chorvereinigung „Schola Cantorum“ wird die „Deutsche Messe“ von Franz-Schubert (D 872) a cappella singen. Als Offertorium wird das „Graduale“ („Tu qui regis“) von Johann Strauss Sohn ebenfalls a cappella (vermutlich originalgetreu!) erklingen , das er 1844 als Prüfungsarbeit für seinen Lehrer Josef Drechsler schrieb.
Im Anschluss: Agape
Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
Eduard Strauss