„Seine Popularität ist geradezu unermeßlich: in allen Weltteilen erklingen Straußsche Melodien und in unserem Weltteile fast aus jedem Hause.“ Überschwänglich huldigte der gefürchtete Musikkritiker Eduard Hanslick Johann Strauss (Sohn) zur Feier des 40-jährigen Künstlerjubiläums. Zum „Markenzeichen“ war der Name Strauss aber schon früher geworden. Bereits 1847 zählte Musikdirektor Philipp Fahrbach sen. in seiner Geschichte der Tanzmusik seit 25 Jahren Walzer-Komponisten auf, deren lokale Bedeutung mit dem Prädikat „Strauss“ – bezogen auf Johann Strauss (Vater) – hervorgehoben wurde: „Brünner-Strauß“ (Judex), „Böhmens-Strauß“ (Labitzky), „Münchner-Strauß“ (Streck), „Berliner-Strauß“ (Gungl), „Pariser-Strauß“ (Musard), „Pesther-Strauß“ (Morelly).
„Ich sehe mich daher gerne bei fremden Nationen um und rate jedem, es auch seinerseits zu tun. Nationalliteratur will jetzt nicht viel sagen, die Epoche der Weltliteratur ist an der Zeit, und jeder muß jetzt dazu wirken, diese Epoche zu beschleunigen.“ Mit diesen Worten brachte Goethe im Gespräch mit Johann Peter Eckermann Weltoffenheit zum Ausdruck. Auf die Musik angewandt folgerte Richard Strauss: „Wenn Goethe den Begriff der Weltliteratur schuf, so sollten wir daran glauben, daß einmal die Stunde sein wird, in der Musik die Geister der Welt eint. Wenn es mir in diesem Sinne vergönnt sein sollte, einen bescheidenen Beitrag zu einer Art Weltmusik zu leisten, so wäre ich glücklich und zufrieden.“ Strauss sah darin mustergültige Kompositionen der abendländischen Musikgeschichte. Durch die Musikethnologie und im Zuge der Vereinnahmung durch die Popularmusik-Industrie erfuhr der Begriff „Weltmusik“ während der letzten Jahrzehnte einen Bedeutungswandel.
Der Frohsinn, mein Ziel, bekannte Johann Strauss (Vater) im Titel seiner im Mai 1833 uraufgeführten Walzer. Sie sind für das alljährlich in Wien stattfindende Sophienfest, also für ein Wiener Publikum, komponiert worden, und ihr musikalischer Charakter lässt die vertraute Wiener Tradition erkennen. Doch war im damaligen Wien nicht nur Wiener Musik zu hören. Hierorts ansässige Volksgruppen des österreichischen Vielvölkerstaates hatten zu ihrem „Frohsinn“ die eigene Musik mitgebracht, Volksmusik jener Länder, aus denen sie zugezogen waren. Es ergab sich zwangsläufig, dass auf musikalischer Ebene ein Kulturaustausch stattfand. Für Strauss (Vater) musste es selbstverständlich gewesen sein etwa Ungarische Galoppe darzubieten. Dasselbe trifft natürlich auch auf Johann Strauss (Sohn) zu, der sich 1846 mit dem Pesther Csárdás dem ungarischen Publikum vorstellte oder 1847 für eine „Musikalische Abendunterhaltung der Slawen“ ein Slaven Potpourri nach deren Melodien arrangierte. Als 1839 aus Böhmen die erste Polka nach Wien kam, löste der neue Tanz spontan Begeisterung aus. Johann Strauss (Vater) landete gleich mit seinen ersten Polka-Kompositionen im Jahr 1842 – Beliebte Sperl-Polka und Beliebte Annen-Polka – einen großen Erfolg. Schon ein Jahr später fand sich die Beliebte Sperl-Polka mit russischem Text unterlegt im Vaudeville Der Bäckerladen, oder: Der Petersburger Deutsche von Pjotr Karatygin, obwohl Strauss (Vater) nie in Russland war. Die Konzertreisen aller Sträusse bedeuteten nicht nur Musikexport sondern auch Musikimport. Johann (Vater) führte die französische Quadrille in Wien ein. Johann (Sohn) scherzte gegenüber seinem Verleger Carl Haslinger, „Beiliegend finden Sie ,Alexandra Walzer‘ im rußischen Geschmacke gehalten, daher unverdaulich. No. 5 dieser Walzer besteht aus zwei rußischen Liedern.“ Strauss-Musik – Musik für die Welt und ein Kulturträger gestern, heute und morgen!
Norbert Rubey
Donnerstag, 13. März 2014, 19.00 Uhr
Residenz Zögernitz
Wien 19, Döblinger Hauptstraße 76-78
Eröffnungskolloquium
in Kooperation mit den Wiener Vorlesungen
„Weltmusik – Allerweltsmusik – Musik aus aller Welt“
Begrüßung: BV Adolf Tiller, Hermann Rauter
Diskussion: Norbert Linke, Ingomar Rainer, Norbert Rubey, Eduard Strauss
Moderation: Mirjam Jessa
Wiener Gemüths-Ensemble: Monika und Peter Uhler, Johannes Dickbauer, Violinen, Harald Jäch Kontrabass.
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Freitag, 14. März 2014
Großer Hörsaal des Instituts für Musikwissenschaft der Universität Wien; Universitätscampus Altes AKH/Hof IX Eingang: Wien 9., Garnisongasse 13
ab 14.00 Uhr: Symposium
19 Uhr 30: Markenzeichen Strauss – Europäische Tanzmusikproduktion im 19. Jahrhundert
Vortrag mit Musik mit Ingomar Rainer
Samstag, 15. März 2014
9.00 Uhr: Symposium Fortsetzung
Sonntag, 16. März 2014
Zum Guten Grinzing, Wien 19, Himmelstraße 7
11.00 Uhr: Abschlussmatinee unter dem Motto „Welt-Musik“ und Sträusse mit den Neuen Wiener ConcertSchrammeln
Eintritt EUR 15,– Reservierung unter: peter.uhler@chello.at oder +43660 533 75 51 empfohlen!